Müsli mit Proteinzusatz, Eiweißbrot, Snacks, Süßigkeiten und Joghurt mit einer Extraportion Protein – Lebensmittel mit Proteinzusatz liegen seit Jahren im Trend. Laut Hersteller unterstützen diese Produkte den Erhalt und den Aufbau von Muskelmasse und sollen quasi die Muskeln „aufpumpen“. Längst gibt es sie nicht mehr nur im Fitnessstudio für Kraftsportler. Sie haben auch im Supermarktregal Einzug gehalten. Neben Freizeitsportlerinnen und -sportlern sollen sie gesundheitsbewusste Personen ansprechen. Denn der Nährstoff Protein hat einen guten Ruf – nicht nur als Fitmacher, sondern auch als Sattmacher.
Länger satt dank Proteinzusatz?
Eine höhere Proteinzufuhr geht tatsächlich mit einer länger andauernden Sättigung einher. Wer also mehr Protein isst, hat weniger Hunger und nimmt folglich weniger Kalorien zu sich. Eine Diät mit hohem Proteinanteil scheint zu einer stärkeren Gewichtsabnahme im Vergleich zu einer Kost mit niedrigem Proteinanteil zu führen. Dies gilt vermutlich aber nur kurzfristig für drei bis sechs Monate. Je länger diese Ernährungsform andauert, desto geringer wird der Effekt oder er verschwindet ganz.
Was wichtig ist: Langfristig Schlanksein gelingt nicht nur durch mehr Protein. Gleichzeitig müssen sich auch die Ernährung insgesamt und die Bewegungsgewohnheiten verändern.
Hohe Proteinzufuhr als Risiko
Gesunde Erwachsene scheiden ein Zuviel an Protein als Harnstoff mit dem Urin wieder aus. Deshalb ist ausreichend Trinken bei hoher Proteinzufuhr wichtig. Es liegen allerdings Hinweise vor, dass durch eine erhöhte Proteinzufuhr in der Schwangerschaft sowie im Säuglingsalter das Risiko für Übergewicht bei den Kindern zunimmt. Auch die Nieren können geschädigt werden. Bei Erwachsenen mit eingeschränkter Nierenfunktion kann eine erhöhte Proteinzufuhr die Nierenfunktion weiter verschlechtern.
Braucht es die Extraportion Protein?
Kurzfristig schadet eine Extraportion Eiweiß nicht. Notwendig für die Gesundheit ist sie aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) allerdings nicht. Denn Protein ist ein Nährstoff, der natürlicherweise in vielen Lebensmitteln enthalten ist. Neben Fleisch, Fisch, Eiern, Milch und Milchprodukten gehören vor allem Hülsenfrüchte, wie Soja, Linsen und Erbsen, zu den proteinreichen Lebensmitteln.
Wer regelmäßig diese Lebensmittel verzehrt, kann problemlos die von der DGE empfohlene tägliche Zufuhr erreichen. Für Erwachsene bis 65 Jahren werden 0,8 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Für Personen ab 65 Jahren sind es 1,0 g Protein pro Kilogramm. Der Großteil der Bevölkerung ist in Deutschland auch mit ausreichend Protein versorgt.
Wie lässt sich die empfohlene Proteinzufuhr erreichen?
Eine Scheibe Vollkornbrot mit einer Scheibe Käse belegt, eine Portion Kartoffeln mit Erbsen und dazu eine Hühnerbrust liefern zusammen bereits mehr als 60 Gramm Protein. Das entspricht der empfohlenen täglichen Zufuhr eines 75 Kilogramm schweren jungen Erwachsenen. Proteinangereicherte Produkte mit Extraportionen Molken-Proteinen, Soja-, Erbsen- oder Weizen-Eiweiß, sind da nicht nötig. Vegan lebende Personen meiden tierische Proteinquellen. Doch auch sie müssen nicht auf proteinangereicherte Lebensmittel zurückgreifen, wenn sie sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren.
Lebensmittel mit Proteinzusatz: teuer und hochverarbeitet
Lebensmittel mit Proteinzusatz sind oft teurer. Die Extraportion Protein kostet auch extra. Oft handelt es sich zusätzlich um hochverarbeitete Produkte. Wer häufig zu diesen Lebensmitteln greift und dafür weniger Gemüse, Obst und Nüsse isst, nimmt möglicherweise langfristig zu wenig sekundäre Pflanzenstoffe, Nährstoffe und Ballaststoffe zu sich. Außerdem werden Snacks und Süßigkeiten nicht zu gesunden Genussmitteln, weil ihnen Protein zugesetzt wurde.
Proteinzusatz auch für Hobbysportlerinnen und Hobbysportler unnötig
Wer hobbymäßig vier- bis fünfmal pro Woche eine halbe Stunde Sport treibt, für den reicht die empfohlene Durchschnittsmenge Eiweiß in der Nahrung aus. Eine Extraportion Protein ist nicht nötig.
Bei Personen, die Leistungssport betreiben, sieht es anders aus: Sie benötigen durch die extreme körperliche Belastung mehr Protein. Verschiedene Fachgesellschaften empfehlen 1,2 bis 2,0 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Je nach Sportart und Trainings- oder Wettkampfphase sollten sich die Sportlerinnen und Sportler individuell beraten lassen.
Proteinzufuhr nach dem Krafttraining
Nach einem Krafttraining scheint eine zusätzliche Proteinzufuhr von 0,25 bis 0,3 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht innerhalb der ersten zwei Stunden den Muskelaufbau und die -regeneration optimal zu unterstützen. Das gilt vor allem für Leistungssportlerinnen und -sportler. Aber auch für Personen, die in der Freizeit Kraftsport betreiben, da auch sie oftmals ambitioniert trainieren. Diese Menge an Eiweiß wird in der Regel über eine normale Mahlzeit im Rahmen der üblichen Ernährung aufgenommen. Die Extraportion in Form eines Proteinshakes oder angereicherter Lebensmittel ist also überflüssig.
Autorin: Dr. Claudia Müller
März 03/2019, akt. 05/2025
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Ausgewählte Fragen und Antworten zu Protein und unentbehrlichen Aminosäuren, 2021 (zuletzt aufgerufen: 05.05.2025)
- DGE: High-Protein-Produkte sind
überflüssig – Extraportion Protein hat keinen gesundheitlichen Nutzen. Presseinformation 30/2021 (zuletzt aufgerufen:
05.05.2025)
- König D, Carlsohn A, Braun H et al.: Proteins in sports nutrition. Position of the working group sports nutrition of the German Nutrition Society (DGE). Ernahrungs Umschau 2020; 67 (7): 132–9
- Verbraucherzentrale: Ernährung mit Extraportion Eiweiß: selbst für Sportler:innen überflüssig, 2025 (zuletzt abgerufen: 05.05.2025)